Unsichtbares Theater

Einleitung

Das unsichtbare Theater wurde vor allem von Augusto Boal begründet. Er hat damit eine Aktionsform entwickelt, um in den 60er und 70er Jahren gegen die brasilianische Militärdiktatur zu protestieren. Darüber hinaus beschreibt er in seinem Buch „Das Theater der Unterdrückten“, aber auch Protestaktionen gegen leider zeitlose Themen wie z.B. Sexismus. Der große Vorteil von unsichtbarem Theater ist somit die „verdeckte, aber doch sichtbare“ Äußerung politischen Protestes, auch und gerade in einer repressiven Umgebung.

Was genau unterscheidet nun das unsichtbare Theater vom normalen Theater?

Die Aufführung findet nicht auf einer Bühne statt, die Zuschauer*innen wissen nicht, dass sie gerade Zeug*innen einer Theateraufführung werden. Sie „erleben“ einen Dialog oder eine Szene zwischen anderen Passant*innen, von der sie annehmen, es sei die Realität oder eine zufällige Begegnung. Die Basis für das unsichtbare Theater bilden somit Alltagssituationen, die dann von mehreren Schauspieler*innen genutzt werden, um dem Publikum eine bestimmte Szene zu präsentieren und es mit einzubeziehen.

Wirkungsprinzip

Die Vorteile des unsichtbaren Theaters liegen in seiner Flexibilität und seiner „Distanzlosigkeit“- das heißt, es kann immer und überall durchgeführt werden und das „Publikum“ ist mitten drin ohne es zu wissen. An einem Infostand kann mensch gelangweilt vorbeigehen, einen Flyer wegschmeißen und eine laute Demo kann mensch umgehen, aber das unsichtbare Theater kann erst einmal nicht bewusst gemieden werden. Die Sensationslust der Leute bringt sie weiterhin dazu, „heimlich“ zu lauschen, wenn so ein Theater – von dem sie annehmen, es sei eine wirkliche Situation- aufgeführt wird. Mensch kann Situationen konstruieren und die Menschen ohne, dass sie es wissen oder wollen, Zeuge dieser Situationen werden lassen. So werden sie darüber nachdenken müssen oder sich sogar einmischen wollen.
Der Nachteil ist jedoch, dass eine wirklich gelungene „Vorstellung“ eine gewisse Planung benötigt und dass der Erfolg der Aktion mit dem Improvisationstalent der Schauspieler*innen steht und fällt.

Rechtliches

Im Normalfall wird das Theaterstück nicht als solches erlebt und ist somit nicht anmeldungspflichtig. Immerhin handelt es sich nicht um eine öffentliche Versammlung, sondern nur einen Dialog unter Freund*innen. Die Anmeldepflichtigkeit sollte jedoch für jedes Stück neu überlegt werden: So schildert z.B. Boal in seinem Buch ein unsichtbares Theaterstück, in dem es um die sexuelle Belästigung von Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln geht. Wenn eine solche Szene nachgestellt wird ist es sinnvoll, die Aktion als solche anzumelden, da sonst vielleicht beherzte Mitfahrer*innen die Polizei rufen und mensch dann erst einmal Rede und Antwort stehen muss. Infos zur Anmeldung findet ihr hier.

Beispiel:

Freund A und Freundin B sind in der Stadt unterwegs, ihnen fallen extrem viele Menschen in Pelzen auf. Sie möchten gerne etwas dagegen unternehmen, möchten aber die Leute nicht auf ihre Kleidung ansprechen. Deshalb entscheiden sie sich für das unsichtbare Straßentheater. Als sie vor dem Schaufenster eines Pelzladens stehen, beg*innen sie wie zufällig eine Konversation miteinander in der A seiner Freundin B über eine „sehr schlimme“ Reportage über Pelze berichtet, die er neulich in SternTV gesehen habe. B erwidert, dass sie den Beitrag zwar nicht gesehen habe, aber erst neulich einen spannenden Artikel über die Pelzproblematik gelesen habe .Sie berichten sich gegenseitig von den schlimmen Hintergründen usw.. Die umstehenden Schaufensterinteressent*innen lauschen heimlich interessiert.

Vorbereitungen

Das Stück kann natürlich ganz spontan durchgeführt werden, allerdings greift auf hier oft das Lampenfieber, so dass die Aktivist*innen sich verhaspeln oder keine guten Argumente mehr finden. Deshalb steht am Anfang meist das schriftliche oder mündliche Entwerfen des Stückes. Es sollte allen Beteiligten klar sein, was das Ziel der Aktion ist und welche Effekte erzielt werden sollen. Ebenso sollte mensch sich vorher Gedanken machen, wo mensch das Stück aufführt und welches Publikum zu erwarten ist bzw. angesprochen werden soll.
Wie für ein normales Theaterstück sind auch für ein unsichtbares Theaterstück Proben wichtig. Es sollte jedoch nicht nur das Stück an sich geprobt werden, sondern auch Improvisationen und spontane Änderungen des Stückes. Dabei sind die folgenden Aspekte besonders wichtig:

  • Wie sehen die „Fakten“ zum Stück aus? Das Hintergrundwissen zum Thema sollte sitzen, auch wenn mensch natürlich beim Spielen nicht dauernd alle Fakten herunterleiert.
  • Was sind typische Einwände und Kritikpunkte? (Z.B. Veganismus ist ungesund, Pelze werden nur aus ohnehin zu tötenden Tieren gewonnen,…)
  • Mit welchen Menschen wird mensch vermutlich in Kontakt kommen und wie können diese reagieren?

Der letzte Punkt ist hierbei besonders schwierig. Mensch kann einfach nicht alle Eventualitäten berücksichtigen. Es bietet sich jedoch an, zu den Proben auch immer ein paar „Nicht-Schauspieler*innen“ einzuladen, denen das Konzept erklärt wird und die dann verschiedene Typen von „Zuschauer*innen“ spielen sollen.
Kleiner Tipp: Unser How To zur Dialogform der „Überidentifikation“ (www.kreaktivisten.org -> How To’s -> Aktionsformen) birgt noch einige Anregungen wie ein unsichtbares Theater durchgeführt werden kann.

Genug der Vorbereitung und Vorhang auf:

Theaterstück Nr.1: Unterhaltung zwischen Kolleg*innen

Aufführungsort: überall, wo Menschen zusammensitzen und sich langweilen könnten: im Bus, der U-/S-Bahn, dem Zug, im Wartezimmer, im Café, auf dem Weg zur Schule/Uni/Arbeitsplatz, in der Mittagspause, auf belebten Plätzen…

Mensch nehme: zwei Aktivist*innen = Schauspieler*innen (ggf. zieht sich eine eher konservativ, die andere eher alternativ an — aber nicht zu auffällig), ein Buch (z.B. ein veganes Kochbuch, ein Buch über Tierrechte) als „Aufhänger“ und etwas Zeit

Die beiden kommen gemeinsam an. Aus ein paar gewechselten Worten wird klar, dass sie Arbeitskolleg*innen sind. Sie setzen sich zusammen hin, und eine/r der beiden fängt an, in besagtem Buch zu lesen (Part A). Daraufhin ist der andere Part (Part B) interessiert; es entspringt eine Diskussion über die Vorteile des Veganismus (oder eben über die im Buch behandelten Fakten und Argumente), jedoch mit einem gewissen „Hausvorteil“ für den veganen Part ;).

In dieser Form macht sich das „Stück“ vor allem zunutze, dass – an besagten Orten –  viele Menschen chronisch gelangweilt sind und laute Gespräche oft die ganze Umgebung unterhalten. Also Ausnutzen des natürlichen Voyeurismus. Mensch kann das Stück natürlich beliebig erweitern und verändern: z.B. kann A auch eine Tiermedizinstudentin sein, die angesichts ihres Schlachthofpraktikums ein paar spannende Erfahrungen weitergeben möchte; oder B kann von den Tierversuchen für ihre Doktorarbeit berichten, die ihr dann doch irgendwie ein schlechtes Gewissen machen…
Wer „offensiver“ vorgehen möchte, kann natürlich auch gerne das Publikum mit einbeziehen (wenn sich dieses nicht von selber einschaltet), z.B., indem jemand auf seine Lederschuhe angesprochen wird oder um seine/ihre Meinung zur Diskussion gebeten wird.
Es ist auch möglich, dass ein/e dritter/r SchauspielerIn hinzukommt und jemanden mimt, der auf das Geschehen aufmerksam geworden ist und sich jetzt in die Diskussion einschalten möchte: z.B. ein Jäger, ein Gourmet, eine „radikale“ TierrechtlerIn usw. Damit ist auch die Hemmschwelle für das Publikum niedriger, sich selber einzumischen.
Mensch kann dieses Stück beliebig ausbauen und umändern. Die einfachste Version eignet sich auch zum spontanen Spielen, z.B. auf dem Nachhauseweg von der Uni. Wichtig ist, dass mensch sich vorher Argumente und wichtige Daten und Fakten zurechtlegt. Es ist eine vertane Chance, wenn B sagt: „Ist vegane Ernährung nicht ungesund?“ und A dann mit „Ehem. Nein, natürlich nicht.“ antwortet. Auch sollte allzu viel Flapsigkeit vermieden werden; es gilt ja, die Fahrgäste zu überzeugen und nicht, eine möglichst gute Figur zu machen. (Also fällt auch die Antwort „Ja, ich bin schon seit Jahren tot.“ auf Bs Frage flach). Es sollten jedoch nicht nur Fakten heruntergeleiert werden, wichtig sind auch die „persönlichen“ Aspekte der Sache. Also z.B. „Klar kann ich mit meinen Freund*innen noch zusammen essen gehen, z.B. bei XY“ und ähnliches. Alles sollte vorher geübt werden, also auch, wie mensch z.B. mit einem überzeugten Jäger umgehen kann, der sich vom Platz nebenan lautstark einschaltet. Sinnvoll ist es, Infomaterial dabeizuhaben oder wenigstens ein paar Internetadressen, die mensch dann deutlich vorbuchstabiert, damit nicht nur B, sondern auch die anderen Zuschauer*innen/Zuhörer*innen mitschreiben können. Die Lautstärke des Ganzen sollte so dosiert werden, dass die anderen Menschen zwar mithören können, jedoch nicht belästigt werden. Das führt dann eher zur Abschreckung als zur wirklichen Auseinandersetzung. Alles sollte so wirken wie eine „normale Unterhaltung“.

Was kann schiefgehen? Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Stück als „unsichtbares Theater“ entdeckt wird, ist eher gering. Schlimmstenfalls wirkt das Ganze aufgesetzt und unecht. Das kann mensch vorbeugen, indem mensch oft genug übt und sich mit dem Thema identifiziert (bzw. mit den Gegenargumenten ernsthaft auseinandersetzt). Es kann jedoch auch passieren, dass sich Leute in die Diskussion einmischen, deren Argumenten mensch nicht gewachsen ist oder die einfach so verbohrt und aggressiv sind, dass mensch mit ihnen nicht reden kann. Hier hilft eine gute Vorbereitung und Geduld ;).

Theaterstück Nr. 2: Entschuldigung, Sie tragen eine Leiche

Aufführungsort: ein Ort, an dem häufiger Leder oder Pelz getragen wird, also z.B. eine Theaterpremiere, ein teures Restaurant, eine einschlägige Boutique…und das natürlich am besten im Herbst/Winter

Mensch nehme: eine AktivistIn, die sich einen Pelz-/Ledermantel anzieht (Part A) und 2-3 Aktivist*innen, die dem Anlass entsprechend, aber „vegan“ gekleidet sind (Parts B, C und D)

Die Aktivist*innen betreten den Raum nacheinander und verhalten sich zunächst ganz normal, d.h., gucken sich Kleidung an, bestellen sich etwas zu trinken oder unterhalten sich (Part B und C scheinen sich zu kennen, A und D bleiben abseits). Schließlich wird B auf A im Pelz/mit Ledermantel aufmerksam. Sie/er beginnt mit C zu tuscheln. Nach einiger Zeit geht B auf A zu und spricht sie/ihn an:
B: “Entschuldigung, aber Sie tragen da ein totes Tier.“
A: „Wie bitte? Was erlauben Sie sich eigentlich?“
C: „Er/Sie hat Recht, das ist ja wirklich ekelerregend. Sie sollten sich schämen!“
Dann spricht B die/den bisher unbeteiligten D an:
B: „Gucken Sie doch mal, sie/er taucht hier mit Teilen von Tierleichen auf!“
D: „Was? Das ist ja widerlich! Das sollte verboten werden!“
Dann kann improvisiert werden, je nachdem, wie sich das Publikum verhält: Vielleicht mischen sich ja schon jetzt Zuschauer*innen ein, oder jemand guckt besonders interessiert und kann um seine Meinung gebeten werden. Wenn sich keine Einbeziehung des Publikums anbietet, kann auch „nur“ eine Diskussion über Pelze/Leder erfolgen. Möglicherweise kann A ja bekehrt werden ;).

Der Witz dieser Aktion ist, dass die Kritik an Pelz und Leder dabei scheinbar „aus den eigenen Reihen“, also z.B. von bieder gekleideten Opernbesucher*innen ausgeht. Außerdem wird eine gewisse „Gegenöffentlichkeit“ geschaffen: Die Rollen B bis D gehören ja anscheinend völlig selbstverständlich zu einer Gruppe von Menschen, denen das Tragen von Pelz/Leder als bizarr und pervers erscheint. Wenn sich schon auf einer Opernpremiere so viele davon einfinden, wie viele mag es dann noch geben? Und wenn so viele Menschen so denken, ist da vielleicht was dran? Und nicht zuletzt wird sich das Publikum auch davor hüten wollen, selber einmal wie die arme Person A so zum Zentrum des Interesses zu werden…

Was kann schiefgehen? Bei diesem Stück kann es passieren, dass mensch – abhängig von dem Spielort – einfach herausgeworfen wird. Mensch sollte sich also überlegen, wo das Stück stattfinden kann und wie mensch agiert, um zwar Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber nicht gleich rausgeschmissen zu werden. (Wobei mensch auch das Rausgeworfenwerden nutzen kann, um Werbung für das unsichtbare Theater zu machen, das so subversiv und gefährlich ist, dass es auf einer Premiere des „richtigen“ Theaters nicht geduldet werden kann…).
Ein anderer Fehler ist, dass mensch das Stück zu sehr in die Richtung „wir beschimpfen eine PelzträgerIn“ drängt. So kann mensch zwar auch seine Kritik anbringen, aber das ist nicht wirklich subversiv. Hier kann es dann auch schnell passieren, dass galante Herren die „PelzträgerIn“ vor den Pöbeleien in Schutz nehmen wollen. (Auch das kann mensch natürlich nutzen, indem diskutiert wird, warum eine Frau sich nicht selber beschützen kann und welches Frauenbild der galante Herr so offenbart…bei dieser Diskussion könnten sich dann ja auch die „Tierschützer*innen“ und die „PelzträgerIn“ einig sein.)

Theaterstück Nr.3: Telefonat mit fiktiver/m Freund/in

Aufführungsort: überall, wo Menschen zusammensitzen und sich langweilen könnten (wie bei Theaterstück Nr. 1)

Mensch nehme: eine/n Aktivisten/Aktivistin mit Handy

Die Person wird scheinbar angerufen (Handywecker stellen) oder ruft per Handy jemanden an. Das Gespräch ist erst allgemein, „wie geht es dir?“, „was machst du so?“ und kommt dann auf Themen, die mit Veganismus zu tun haben. Z. B. über das bevorstehende Essen, das bitte vegan sein soll, also ohne… weil es doof ist das dafür… und überhaupt… Oder der Mutter wird erklärt, wieso die Person vegan werden will, mit einer/m veganen Freund/in wird über einen Vorfall gesprochen, wo Leute nicht verstanden haben, wieso es gut ist vegan zu sein…

Dieses „Stück“ lässt sich extrem einfach aufführen, es wird nur eine Person und ein Handy benötigt und kann deshalb spontan und fast überall aufgeführt werden.
Wichtig ist dabei, dass das Gespräch natürlich wirkt – also genug Sprechpausen einlegen, in der vermeintlich zugehört wird (vielleicht hilft es sich den Text des/der fiktiven Gesprächspartner/in zu denken um genug viel Zeit zu lassen).
Evtl. kann die Lautstärke des Gesprächs variiert werden, weil der Empfang schlecht ist, oder die Person gerade seeehr aufgebracht ist, weil die Argumente nicht verstanden werden.
Bei dem Stück wird es ziemlich sicher nicht vorkommen, dass „Zuschauer/*innen“ spontan mit einsteigen und eine Diskussion suchen. Das kann Vorteil sein, aber auch Nachteil. Falls sich Umstehende interessiert zeigen lohnt es sich evtl. das Gespräch zu beenden und sich offen für eine Diskussion zu zeigen.
 

Was kann schiefgehen? Zu laute Telefonate könnten von den Umstehenden gerügt werden, wodurch die Aufführung evtl. abgebrochen werden muss – deshalb darauf achten zwar laut und deutlich aber noch in angemessener Lautstärke zu reden.

Theaterstück Nr.4: Zufälliges Gespräch zwischen Veganer/in und Nicht-Veganer/in

Aufführungsort: optimal in U-Bahn/S-Bahn, Bus, irgendwo wo Leute für ein paar Minuten nicht weg können, aber typischerweise gelangweilt sind

Mensch nehme: zwei bis vier Aktivist/*innen, ein bis zwei davon als Veganer/*innen zu erkennen (Buttons, Sojamilch in der Hand, Buch über Veganismus), die restlichen Darsteller/*innen können Vegetarier/*innen oder Fleischesser/*innen sein

Die Darsteller kommen getrennt oder in zwei Grüppchen an den Aufführungsort, öffentliche Verkehrsmittel bieten sich an. Weil eine der Personen bemerkt hat oder vermutet, dass eine andere der Personen Veganer/in ist (oder Vegetarier/in) entsteht eine Unterhaltung. Die anderen Personen steigen nach und nach in die Diskussion mit ein, im Rahmen deren nach Belieben alle Hintergründe des Veganismus dargelegt werden können.

Die Rollen können immer mal wieder getauscht und verändert werden, dadurch bleibt das Theaterstück für alle interessant und kann mehrfach aufgeführt werden.
Als Vorführort bieten sich U- und S-Bahnen in großen Städten sehr gut an. Die potentiellen Zuschauer/*innen haben nichts zu tun und können nicht weg – hören also tendenziell bei der Diskussion zu und steigen vielleicht sogar mit ein. Das Stück sollte dann ein paar Haltestellen lang dauern und endet mit dem Ausstieg aller Schauspieler/*innen (über getrennte Wege – sonst fliegt das Theater auf), um mit der nächsten Bahn zurückzufahren und die nächste Aufführung zu machen.
Wichtig ist, dass der Gesprächseinstieg natürlich wirkt. Z. B. erkennt ein/e Veganer/in, dass eine andere Person auch Veganer/in ist und sie tauschen sich darüber aus – eine weitere Person hat eine/n vegane/n Freund und will jetzt endlich mal rausfinden, wieso überhaupt Veganismus.
Oder ein/e Fleischesser/in hat einen Artikel über Veganismus oder die Umweltschäden von Fleischkonsum gelesen und nimmt die Gelegenheit wahr, sich über Veganismus zu informieren – ein/e Vegetarer/in steigt ein und argumentiert fleißig mit, wird aber immer mal wieder von der/dem Veganer/in korrigiert.
Je glaubhafter ihr vermittelt, dass sich die Personen nicht kennen, je wahrscheinlicher wird euer Publikum mitspielen – und das wäre euer Applaus – wenn die Argumente von Zuschauer/*innen kommen, dann könnt ihr aktiv mit ihnen diskutieren statt sie passiv zum Zuhören zu „zwingen“.
Achtet darauf, getrennt auszusteigen und in unterschiedliche Richtungen zu gehen und euch erst nach kurzer Verzögerung wieder zu sammeln, ansonsten könnte auffliegen, dass ihr zusammen gehört und die Zuschauer/*innen merken, dass es eine Vorführung war.

Was kann schiefgehen? Wenn ihr zu viele Informationen voraussetzt, kommt das Gespräch nicht bei den Leuten an – die „Fleischesser/*innen“ unter den Darsteller/*innen sollten versuchen so zu denken wie Fleischesser/*innen („aber Tiere sind zum Essen da“).
Da ihr den Leuten um euch rum einen Spiegel vorhaltet, könnte es sein, dass Zuschauer*innen ziemlich emotional reagieren und ihr die Situation nicht mehr im Griff habt – evtl. ist es dann besser das Stück abzubrechen und versuchen wegzugehen.

Geht raus, probiert es aus.

Mit jeder Aufführung werdet ihr sicherer und die Stücke werden glaubhafter, weil ihr spontaner reagiert statt an der Vorgabe festzuhalten. Sucht euch einen Termin und überlegt euch einen Ort und los geht es. Und bei allem gilt, versucht Spaß zu haben – meist ist es unangebracht während der Szene zu lachen oder zu grinsen (z. B. weil gerade ein/e Zuschauer/in ein Argument gebracht hat, das du bringen wolltest oder weil ihr gerade das totale Gegenteil vertretet, was ihr denkt) – aber nach dem Stück könnt ihr zusammen reflektieren, was passiert ist und euch darüber freuen.