Du bist alleine oder hast schon ein paar Gleichgesinnte gefunden, mit denen du gerne eine Aktionsgruppe zu einem bestimmten Thema, z.B. „Tierrechte“ gründen möchtest. Jetzt weisst du aber nicht recht weiter. Du kennst zwar die Aktionen, die von anderen, bekannteren Gruppen organisiert werden, aber ihr stellt euch die Fragen:
- Können wir das überhaupt auch?
- Muss mensch dazu nicht ziemlich erfahren sein?
- Wie organisiert mensch denn so was?
- Muss mensch dafür nicht super viele Aktivist*innen haben?
Dabei ist es einfach: Keiner von uns wurde als Aktivist*in geboren! Auch alle anderen Gruppen haben klein angefangen, haben sich alles erarbeitet und sich die gleichen selbstzweifelnden Fragen gestellt wie du/ihr.
Und die Antwort: Mit viel Motivation, Spaß an der Sache und etwas Kreativität, Zuverlässigkeit und Zusammenhalt ist ‚fast alles’ möglich. Also auf geht’s!
1. Vernetzung und Aktivist*innensuche
Die Welt ist prinzipiell voll von Menschen, die sich gern engagieren und einsetzen würden. Nur kennen tut mensch oft kaum welche. Hier gilt: Wer suchet, der findet. Deshalb, auch wenn es langwierig erscheinen mag, und vielleicht viele Leute vorbeikommen, die letztendlich gar nicht in die Gruppe passen, einfach weitermachen!
Es genügt schon, wenn sich 2 sehr motivierte Aktivist*innen zusammenschließen, um verdammt viel auf die Beine zu stellen! Um die 2 wird sich dann mit der Zeit ein weitläufigerer, lockerer Kreis von Aktivist*innen bilden. Nach dem Motto 2 haben damit angefangen und der Rest macht mit. Aus 2 vor einer Metzgerei flyernden Aktivist*innen kann sich in einem Jahr eine 10 Menschen starke Aktionsgruppe bilden.
Es ist in jeder Gegend möglich eine Aktionsgruppe zu gründen. In manchen fällt das nur leichter als in anderen, da zum Beispiel die Bevölkerungsdichte anders ist. Aber mit Motivation, Geduld und etwas Suchaufwand klappt es 100%-ig.
A. Online-Suche:
- Suche über Internetsuchmaschinen nach bestehenden Gruppen in deiner Umgebung. Sei bei der Stichwortsuche etwas kreativ, kombiniere z.B. die Stichworte „Tierrechtsgruppe“, „Tierrechtler“, „Tierschutz“, „Tierschützer“, „Tierschutz Protest“ und „Antispe“ mit dem Namen eurer Stadt, eurer Region oder Städten in der Nähe.
- Suche auf Seiten zur Vernetzung von Tierrechtsaktivist*innen nach Gleichgesinnten, bestehenden autonomen oder Regionalgruppen: Vegane-Gruppen.de. Tierrechtstermine.de, loveisgreen.de
- Poste einen Aufruf zur Gründung einer Tierrechtsgruppe in diversen Veggie-, Vegan-, Tierschutz-, und Tierrechtsforen. Gib eine aktuelle Emailadresse an, damit Interessierte sich bei dir melden können!
- Lass dich auf diverse Mailingslisten setzten und poste dort deinen Aufruf
- Schreib die verschiedene Tierrechtsvereinen an, ob es in deiner Region Ortsgruppen gibt, oder ob mensch dich an andere suchende Aktivist*innen weitervermitteln kann.
- Suche in Social Networks nach Gruppen oder einzelnen Gleichgesinnten aus deiner Umgebung. Hier kannst du auch Aufrufe veröffentlichen, dass Menschen sich bei dir melden können. Gängige social Networks sind StudiVZ, SchülerVZ, Facebook, Myspace usw.
B. Real Life-Suche
Designe am PC ein paar einfache Flugblätter oder Aushänge/ Plakate mit deinem Aufruf, daß Gleichgesinnte sich zwecks Gründung einer Tierrechtsgruppe bei dir melden sollen. Du kannst auch schon gleich einen Termin für ein erstes Treffen festlegen, an dem die Interessent*innen einfach vorbeischauen können. Einfacher ist es jedoch, wenn du den Ort und Zeitpunkt bereits mit allen abstimmst, die zum Treffen kommen wollen. Einen Zeitpunkt der wirklich für alle passt, könnt ihr auch durch www.doodle.de herausfinden.
Die Flyer und Aushänge kannst du an der Schule, Uni, Bioläden, Bibliothek, am Tierheim, Jugendzentrum, Sportverein oder im Supermarkt aushängen und auslegen. Andere Möglichkeit sind Anzeigen in Tierrechts- oder Tierschutzzeitungen, Aushänge in vegetarischen Restaurants und Imbissbuden oder in/bei links-alternativen Szenetreffs.
Wenn du vermeiden möchtest, deine privaten Kontaktdaten zu verwenden („wer weiss, wer sich da meldet“), richte dir eine spezielle Mailadresse bei web.de, hotmail.de oder ähnlichen Anbietern ein, mit dem Betreff im Namen z.B. TierrechtsgruppeXXXXstadt@hotmail.com oder ähnliches.
Erkundige dich, wann große bundesweite Demonstrationen oder Veranstaltungen stattfinden. Hier präsentieren sich oft verschiedenste Tierrechtsgruppen an Infoständen, und vielleicht kennen auch die Organisator*innen der Veranstaltung Menschen aus deiner Gegend. Oder du lernst andere angereiste Aktivist*innen aus deiner Region während der Demo kennen.
2. Erste Treffen
Für die Menschen, die sich bei dir melden, solltest du ein Treffen organisieren, zu dem auch die Leute kommen können, die du über den Flyer zu dem Treffen eingeladen hast.
Überleg dir einen Ort und Termin, der für alle günstig und leicht zu merken ist.
- Der Termin sollte nicht zu spät abends sein (wegen der Schüler) und nicht zu früh nachmittags, wegen der arbeitenden Menschen. Optimal wäre ein Termin am Wochenende
- Der Ort eures Treffens kann natürlich in einem Privathaushalt stattfinden, erfahrungsgemäß ist aber ein neutraler Ort besser. Also z.B. in einem Café, Bistro, o. ä. Achte darauf, dass etwas abgelegen Sitzplätze in genügender Anzahl für euch vorhanden sind. So könnt ihr erstmal ungestört plaudern und euch etwas „beschnuppern“. Achte auch darauf, dass die Speisekarte für jeden etwas hergibt (vegetarisch, vegan oder andere Ernährungsformen) . Nehmt ausserdem auf Straight Edger Rücksicht. Am besten sucht ihr euch einen Platz in einem Nicht-Raucher Bereich, in der keine laute Musik läuft und wo ihr möglichst ungestört von anderen Gästen oder ungeladenen „Mitlauschern“ seid.
- Ihr solltet einen Treffpunkt vereinbaren, der auch für ortsunkundige Menschen leicht zu finden ist. Der Treffpunkt sollte so gewählt werden, dass Mißverständnisse bezüglich des Orts ausgeschlossen sind und nicht die Hälfte der Interessierten euch an einem falschen Ort sucht.
- Ihr solltet ein Erkennungszeichen vereinbaren. Die meisten Menschen wirst du bei diesem Treffen zum ersten Mal persönlich kennenlernen, und daher wisst ihr nicht, wie der/die jeweilige Andere aussieht. Der Austausch von Fotos kann hilfreich sein. In der Regel genügen aber Informationen wie z.B. trage schwarzen Rucksack voller Buttons, hab ein knallgelbes T-Shirt mit Vegan-Aufschrift an oder ich hab lange blonde Dreads. Du musst nicht genau wissen, wie die anderen alle aussehen. Es genügt, wenn sie dich erkennen können.
3. Inhalte/Ziele
Beim ersten Treffen solltet ihr euch „beschnuppern“ und einfach kennen lernen. Nach einer Vorstellungs- und Kennenlernphase, in der jeder und jede schon mal ein bisschen erzählen kann, was er/sie schon so gemacht hat, welche Erfahrungen gesammelt wurden, was mensch sich so vorstellt usw., sollte besprochen werden, welche Ziele ihr für die Tierrechtsgruppe habt, wie ihr arbeiten wollte, was ihr gerne veranstalten möchtet usw. Das alles muss auf keinen Fall während eines einzigen Treffens entschieden werden. Lasst euch Zeit. Je öfter ihr euch trefft, desto besser lernt ihr einander kennen und könnt euch und die Gruppe als solche einschätzen. Das ist wichtig, da ihr die Gruppe schließlich mit ihren Stärken und Schwächen so akzeptieren müßt, wie sie ist. Und das unterscheidet sich meist deutlich von den Wunschvorstellungen, mit denen man beim ersten Treffen an die Ziele und Arbeitsvorstellungen herangegangen ist. Wir sind alle nur Menschen, niemand ist perfekt. Nehmt euch gegenseitig als Gruppenmitglieder so an, wie ihr seid. Überfordert euch nicht. Passt eure Ziele notfalls den Kapazitäten und Möglichkeiten eurer Gruppe an.
- Überlegt euch also grundsätzlich Ziele und Themen, zu denen ihr aktiv sein wollt, wen ihr ansprechen wollt, wieviel Zeit und Motivation und Fähigkeiten jede/r einbringen kann, ob jemand schon genau weiss, was er/sie gerne organisieren würde usw.
- Überlegt euch, wie oft, wann und wo ihr euch in Zukunft treffen wollt, tauscht Kontaktadressen aus und haltet über Email Kontakt, z.B. indem ihr eine Mailingliste einrichtet usw.
- Beim ersten Treffen muss und sollte noch keine konkrete Gruppenarbeit festgelegt werden, denn oft genug entscheidet der/ die eine oder andere, dass so eine Gruppe vielleicht doch nicht das richtige für ihn/sie ist.
- Lasst das Treffen auf euch wirken und verabredet euch zu einem nächsten Treffen. Überlegt euch schon mal feste Tage für regelmäßige Treffen. Je öfter diese stattfinden, desto enger wird die Gruppenbindung und desto produktiver wird eure Arbeit. Sinnvoll ist z.B. „Jeden 2. und 4. Samstag im Monat“ o. ä. auszuwählen. So muss mensch sich keine Daten merken, und neue Interessenten wissen, dass mensch euch jeden 2. und 4. Sa. im Monat ganz „niedrigschwellig“ treffen kann.
- Das nächste Treffen kann wieder in einem Café oder diese Mal in einem Privatraum stattfinden. Dann wäre es nett, wenn jeder etwas zu futtern o. ä. mitbringt.
- Die regelmäßige Treffen sollten aber weiterhin an einem neutralen Ort stattfinden, um es Neulingen leicht zu machen, euch kennenzulernen.
- Sinnvoll ist es, eine Person zu wählen, die die Treffen koordiniert und vorbereitet. In Vorgesprächen könnte diese Person klären, was besprochen werden muss und daraufhin kann eine Liste mit den zu besprechenden Themen erstellen.
- Sobald ihr die ersten Aktionen macht, werden dadurch auch Menschen auf euch aufmerksam und schließen sich euch an. Dadurch wird eure Gruppe langsam immer größer.
4. Der Gruppenname
Ob beim ersten, zweiten oder dritten Treffen: Überlegt euch einen Gruppennamen. Erstellt eine Mailadresse, die von einer oder mehreren Personen verwaltete wird und an die sich alle interessierten Menschen wenden können, die mit eurer Gruppe in Kontakt treten wollen.
Hinsichtlich des Namens steht euch eigentlich jede Möglichkeit offen: Von beliebten Bezeichnungen wie „TierrechtsgruppeStadtX“, oder „TierrechtsinitiativeRegionX“, bis hin zu „Menschen für XYTiere“ und „Antispe XY“, oder phantasievolle Bezeichnungen wie „Die Wilden Welpen“ ist eigentlich alles dabei ;)
5. Rechtsform
Oft kommt die Frage auf, welche Rechtsform die Gruppen haben soll oder muß. Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten: Mensch kann einen eingetragenen Verein gründen oder einfach eine Interessensgemeinschaft/Aktionsgruppe sein.
Um einen Verein zu gründen bzw. eintragen zu lassen, muss mensch viele Bedingungen erfüllen: Satzungen festlegen, eine Mindestanzahl volljähriger Gründungsmitglieder haben, Steuererklärungen machen usw. Deshalb raten wir Anfänger*innen davon ab! Wer sich aber etwas darüber informieren will: Wikipedia erklärt
Mensch kann es sich viel einfacher machen und sich einfach zu einer Aktionsgruppe zusammenschließen, ohne sich irgendwo eintragen oder melden zu müssen. Das bedeutet, daß ihr, ähnlich wie Freunde, die sich ab und zu zum Skat Spielen treffen, gemeinsam Sport machen oder anderen Hobbys nachgehen, euch nirgendwo eintragen, melden oder irgendwas genehmigen lassen müßt. Dadurch entstehen euch keine Nachteile. Im Gegenteil, prinzipiell seid ihr viel flexibler und unabhängiger. Die Gruppe kann sich gründen und auflösen, wann sie will, und nach eigenen Ideen und Wünschen arbeiten. Dabei kann mensch sich natürlich auch mit einem bestehenden Verein zusammenschließen und entweder als dessen „Regionalgruppe“ aktiv sein, oder einfach deren Flyer und Infomaterial verwenden und sich hier und da Tipps holen.
Eine gute Kommunikation zu andern Vereinen oder Regionalgruppen ist in jeder Hinsicht vorteilhaft, so kann mensch sich austauschen, Tipps holen, und evtl. mal zusammen was organisieren usw.
6. Grundlegende Regeln
Im Zuge des nächsten Treffens solltet ihr ein paar grundlegende Regeln erarbeiten, die eine zuverlässige Zusammenarbeit möglich machen.
Ihr könnt z.B. festlegen, dass alles demokratisch ausgemacht wird, dass es für verschiedene Arbeitsbereiche Hauptverantwortliche gibt. Ihr solltest festlegen, wie diskutiert und wie Feedback gegeben wird, wie ihr auftreten möchtet, wen ihr dabei haben wollt, mit welchen Arbeitsmethoden ihr nicht einverstanden seid…
Ob mensch bei nicht Erscheinen zu Arbeitstreffen absagen muss oder nicht usw. Grundsätzlich ist es für die einzelnen Mitglieder angenehmer, wenn mensch sich nicht entschuldigen/rechtfertigen muss, wenn er/sie zu einem Treffen nicht kommt. Das Prinzip „Jeder und Jede soviel, wie er/sie kann und will“ hat sich in vielen Gruppen bewährt.
7. Selbstverständnis
Formuliert ein Selbstverständnis, das umfasst, wer ihr seid, was eure Ziele sind, wie ihr arbeitet usw.. Natürlich wisst ihr prinzipiell ja, wer ihr seid, oder was ihr macht, aber stellt euch vor, ihr trefft jemanden, der gerne wissen möchte, was die „Tierrechtsgruppe Stadt X“ so macht und ihr habt 30 Sekunden es ihm/ihr zu erklären. Was würdet ihr sagen?
Formuliert für euch eine Art „Wer sind wir und was machen wir eigentlich“-Text. Dabei könnt ihr euch leicht an den 7-W-Fragen orientieren: wer sind wir; wo, warum wie, wann agieren wir; was sind unsere Ziele, Motivation und Grundsätze.
Wichtig auch: Wie soll mensch mit uns in Kontakt treten können, wer/wie kann man mitmachen usw.
Tipps zum Selbstverständnis gibts hier.
8. Innere Organisation
Überlegt euch, wie eure interne Organisation ablaufen soll:
- Gibt es regelmäßige Arbeitstreffen? Wo? Wann? Wozu?
- Gibt es regelmäßige Fun-Treffen (Pick-Nick, Grillen, gemeinsames Veggie-Kochen, Weihnachtsfeier)?
- Organisiert ihr euch via Mail / Forum oder Mailingliste?
- Habt ihr einen eigenen Internetauftritt?
- Wer ist für was verantwortlich?
- Wie tretet ihr untereinander bzw. nach außen in Kontakt?
- Wie plant ihr Aktionen?
- Wohin wendet ihr euch, wenn ihr mal nicht weiter wisst?
- Wie finanziert ihr alles?
9. Externe Organisation: Aktionen
Die möglichen Arbeitsfelder einer Tierrechtsgruppe sind schier unendlich. Von Protestbriefen an die Lokalzeitung und dem Sammeln von Unterschriften, bis hin zu Infoständen, Großdemos, Recherchen und dem Veranstalten von Vorträgen und Konzerten, ist so ziemlich alles möglich. Welche Formen von Aktionen und Aktivitäten ihr unterstützt, oder selber durchführt, bleibt vollkommen euch selber überlassen. Ob ihr nur ab und zu gemeinsam kocht und Unterschriften sammelt, oder regelmäßig einen Infostand macht, ob ihr große Demos organisiert oder die ganze Palette an möglichem Aktivismus gemeinsam oder einzeln ausschöpft, ist eure Entscheidung. Aber was kann mensch denn alles so machen?
Auf www.kreaktivisten.org haben wir euch eine Übersicht über alle möglichen Arbeitsfelder zusammengestellt; mit ausführlichen Tipps zu Planung, Organisation und Durchführung, sodass jede/r AnfängerIn ohne viel Aufwand, schnell zum Profi wird.
10. Das Wichtigste zum Schluß
Eine Aktionsgruppe zu gründen ist ganz einfach. Alles was du brauchst, ist etwas Geduld und Motivation. Die größten und erfolgreichsten Aktionsgruppen haben einmal so angefangen wie du. Am Anfang war da nur eine einzelne Person, – und ganz tief in ihrem Innern der Wunsch, etwas aufzubauen, etwas zu bewirken.
Fangt einfach an. Macht euch auf den Weg. Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Und wenn es dann mal irgendwo, irgendwelche Probleme gibt, vergesst nie: Ihr seid nicht alleine! Ihr seid Teil einer globalen Bewegung. Uns gibt es überall! Und wir halten zusammen, wir helfen einander, wir geben uns gegenseitig jegliche Art von Unterstützung.
Und wer weiß, vielleicht mischt ihr ja in 1-2 Jahren schon richtig kräftig mit, wenn’s um Tierrechtesarbeit geht?