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Artikel „Die feindliche Übernahme der Antifa“ & Rezension von Mono

Ich stimme dem Artikel im Grundsatz zu – allerdings würde ich die Kritik ehrlichgesagt etwas ausweiten: Meiner persönlichen Ansicht und Erfahrung nach liegt das Problem nicht darin, dass sich (also solche betrachtende/definierende) Antifas zu wenig einsetzen oder falsch fokussieren…ich finde es etwas platt einer kleinen Anzahl von Aktivist*innen vorzuwerfen, dass sie zu wenig ausrichten, ich würde viel eher kritisieren, dass antifaschistisches Denken und Handeln keine Massenbewegung ist. Alle (sich als solche verstehende) Antifaschist*innen, die ich erlebt habe (und nur auf diesen für mich erlebbaren Kreis bezieht sich jetzt auch meine folgende Wahrnehmung und Kritik am Artikel), rödeln gerade rund um die Uhr für Schutz und Rechte von Geflüchteten und Asylbewerber*innen – und haben allein deshalb keine Zeit für antikapitalistische Zerstreuung. Diesen vorzuwerfen, dass sie nicht die erfolgreiche Blockadenpolitik anderer Epochen umzusetzen vermögen scheint mir etwas zu oberflächlich. Das Eintreten für Menschenrechte und Menschlichkeit, für Schwache und Wehrlose, gegen Diskriminieung, Faschismus, Rassismus und Abwertung anderer ist zwar Ziel aber nicht nicht alleinige Aufgabe und Monopol „der Antifa“. Es ist die Pflicht eines jeden Menschen – soweit er*sie es eben kann. ja es mag vergleichsweise wenig wirken, wenn „die Antifa“ nur soundsoviele Menschen auf eine Demo/Aktion mobilisieren kann – und man kann kritisieren, dass das „wie“ der Mobilisierung und des Auftretens von Antifaaktivist*innen anders massenkompatibler wäre…Aber kann man sagen, es sei Schuld „der Antifa“, dass Nazis sich derzeit besser organisieren als Menschen, die dieser ideologie keinen Boden bieten wollen? Ich denke nicht. Ich denke, dass dies vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Versagen darstellt und zwar auf vielen Ebenen. Die Idee, dass „die Antifas“ es schon richten werden, wenn Nazis irgendwo aufkreuzen, dass man „denen“ das Risiko überlassen kann und dannach noch rummaulen, wie sie es machen und, dass sie dabei immer so komisch aussehen beobachte ich oft und sie ärgert mich. Das Geplänkel von „wir brauchen hier keine Antifa, denn es gibt keine Nazis“ ist ein kausaler Fehlschluss. Jeder Mensch, der dem Artikel zustimmt sei aufgerufen, den Hintern von der Sonnenliege zu heben und raus zu gehen und sich der braunen Suppe entgegen zu stellen – mit allen Freund*innen, Familienmitgliedern, Nachbar*innen, Mitstreiter*innen, Solidarischen, Neulingen, alten Hasen und einfach Menschen „wie du und ich“. Wenn es überall so wäre, dann, finde ich, ist es auch wieder an der Zeit ein kritisches Auge auf die inhaltlichen Abschweigungen Antifaschistischer Aktivist*innen in Details oder Theorie zu betrachten, die Arbeit dort, wo’s brennt behindert. Habt ihr eine Meinung dazu? Wie konstuktiv sind die Strukturen wo ihr lebt? Habt ihr evtl. ganz andere Beobachtungen gemacht?
„Während es Woche für Woche Brandanschläge auf Unterkünfte für Asylbewerber oder von Migranten bewohnte Häuser gibt und es purer Zufall ist, dass es bei diesen bislang, anders als in den neunziger Jahren in Solingen, Mölln, Lübeck, Saarlouis und anderswo, noch keine Toten gegeben hat, schafft es die Antifa gerade einmal, 600 Leute zu einer Demonstration nach Freital zu mobilisieren – im Vergleich zu »Blockupy« und den alljährlichen Kreuzberger Maifestspielen eine nahezu lächerliche Zahl. Es wirkt ein wenig so, als hätten weite Teile der Antifa vor lauter Antikapitalismus aus den Augen verloren, dass Nazis und andere hier und jetzt eine sehr konkrete Bedrohung sind – wenn auch eher für Geflüchtete und Migranten als für weiße Studierende mit schwarzen Kapuzenpullovern. Sich genau dieser Bedrohung entgegenzustellen, sollte eigentlich dringlichste Aufgabe der Antifa sein.“
http://jungle-world.com/artikel/2015/32/52438.html